Maison Closes: Buch und Ausstellung über ehemalige Luxusbordelle in Paris stoßen auf großes Interesse
Nicole Canet, die "Archäologin des Erotismus", lässt die Epoche der legendären Pariser Freudenhäuser wieder aufleben. Das Interesse ist enorm.
PETER HEUSCH / tagblatt.de nachrichten 16.01.2010
"Liebeslohn" ist der Titel dieser Gravur von 1890. © Au Bonheur du Jour
Paris Eigentlich ist die Galerie "Au Bonheur du Jour" immer ein Geheimtipp gewesen. Allein versierte Sammler erotischer Kunst und einige Historiker fanden den Weg in die Nummer 11 der engen Rue Chabanais im Zentrum von Paris. Doch derzeit geben sich die Besucher die Klinke in die Hand. Dafür haben ein neues Buch und die hier noch bis Ende Januar zu bestaunende Ausstellung gesorgt, welche beide den Titel "Maisons closes" tragen.
"Maison close" oder "Maison de tolérance" hießen früher in Frankreich die Freudenhäuser. Die bekanntesten - das "Sphinx", das "One Two Two", das "Aux Belles Poules" oder das "Chabanais", welches genau vis à vis der Galerie "Au Bonheur du Jour" lag - fanden sich natürlich in der lebenslustigen Seinemetropole und galten während der Belle Epoque als wahre Tempel der gehobenen Lebensart und der Sinnesfreuden. In diesen aufwendigst dekorierten Luxusbordellen verkehrten der gesamte Geldadel und die gekrönten Häupter Europas.
Wenn es heute neben einigen der schönsten Gemälde von Toulouse-Lautrec überhaupt noch Zeugnisse dieser versunkenen Epoche gibt, dann ist das zu einem guten Teil Nicole Canet zu verdanken. Seit 30 Jahren fahndet die zierliche Dame unermüdlich nach Fotografien, Drucken, Zeichnungen und Gebrauchsgegenständen, die eine Ahnung von dem "ebenso frivolen wie raffinierten und exzentrischen" Treiben in den Maisons closes vermitteln. Und das tut auch ihre Galerie, die dem Boudoir einer jener Kurtisanen gleicht, die es in der Belle Epoque zu Kultstatus und Reichtum brachten. Einige ausgesuchte antike Möbel, schwere Vorhänge. Ein Hauch von Parfüm umschwebt die Vitrine mit dem matt glänzenden Keuschheitsgürtel aus Eisen oder die Kollektion an Gerten, die käufliche "Dominas" vor rund 100 Jahren geschwungen haben.
In ihrer Blütezeit, der zweiten Hälfte des 19. und der ersten des 20. Jahrhunderts, waren die Maisons closes ebenso Treffpunkte des männlichen Teils der Gesellschaft wie die schicken Cafés unter den Arkaden der Rue de Rivoli. "Man ging dorthin, ohne sich zu verstecken", erklärt Carnet, die zwar nicht "den Aspekt des Verruchten" abstreitet, "wohl aber den des Verbotenen, des Tabus". Erst im Oktober ist Nicole Canets Name auch einem größeren Publikum zum Begriff geworden. Da brachte sie im Eigenverlag ihr 330 Seiten dickes Buch "Maison closes, 1860-1946" heraus, dessen rund 400 bislang nie veröffentlichte Illustrationen für Aufsehen, Verblüffung und zahlreiche enthusiastische Rezensionen sorgte.
"Maisons closes, 1860 - 1946", 328 Seiten, Editions Nicole Canet, 65 Euro.
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